Greta erwartet ihre Freundin Tanja in ihrer kleinen, gemütlichen Dachgeschosswohnung. Sie freuen sich beide, denn dieses Treffen war schon so lange geplant und wurde immer wieder verschoben. Sie hatte leckeren Kuchen bei ihrem Lieblingsbäcker gekauft und die Sahne frisch zubereitet. Sie setzen sich auf den Balkon mit den gemütlichen Korbstühlen. Der Kaffee duftet verführerisch.
Als Tanja nach ein paar Stunden des gemütlichen Zusammenseins die Wohnung der Freundin wieder verlässt, spürt Greta in sich eine leichte Übelkeit aufsteigen. War die Sahne etwa doch schlecht? Sie weiß erst gar nicht, wo das hingehört. Ihr Zusammensein mit Tanja war doch schön – wie immer. Aber was war anders dieses Mal?
Wo kommt das her? Greta entscheidet sich dafür, dem Nachzuspüren. Wann bemerkte sie dieses seltsame Gefühl?
Es war ein Wahrnehmen, eine Erinnerung zum Treffen mit der Freundin.
Dann fällt es Greta ein. Sie hat ihrer Freundin von ihrem aufdringlichen Chef erzählt und wie sie sich in seiner Gegenwart fühlt. Ständig kommt er in ihr Büro, obwohl es ausreichend wäre, auch einmal per Email auf Gretas Fragen zu antworten. Und damit nicht genug, kommt er ihr auch noch ziemlich nahe bei Gesprächen. Greta fühlt sich schon bedrängt.
Tanja hat zügig das Thema gewechselt, ohne auf die Befindlichkeiten ihrer Freundin einzugehen und berichtete ausschweifend von ihrer neuen großen Liebe. Jetzt sei es endlich der richtige Mann in ihrem Leben.
Greta verspürte während des Treffens das Gefühl, zu kurz zu kommen und dass ihre Freundin Tanja sie nicht wirklich versteht. Aber dann sagt sie sich, dass die neue große Liebe ihrer Freundin ja viel wichtiger ist, als ihre Begegnung mit dem Chef.
Sie geht dem weiter nach und fühlt sich nicht gesehen, nicht angenommen mit ihrem Problem. Greta war es wichtig, jemandem von ihrem Chef zu erzählen. Sie sagt zu sich selbst, dass sie genau das Tanja hätte sagen können. Ja, müssen sogar! Wieder gab sie anderen den Vorrang und nicht sich selbst.
Hier geht es um verletzte Gefühle.
Hätte die Freundin auf die Geschichte mit dem Chef mit Empathie und Zuspruch reagiert, wäre Greta gestärkter aus diesem Gespräch gegangen und hätte vielleicht auch eine Strategie mit Tanja zusammen erarbeiten können, wie sie dem Chef am kommenden Tag begegnen könnte. So jedoch fühlte sie sich im Stich gelassen.
Für Greta stand am Abend fest, dass sie der Sache nachgehen muss. Dem Chef gegenüber wird sie sich in Ruhe etwas überlegen und es dann vorbringen.
Der Freundin wird sie beim nächsten Treffen von ihrer Unzufriedenheit erzählen und ihren Wunsch nach mehr Anteilnahme äußern. Das ist ihr wichtig. Die Freundin ist ihr wichtig.
Bedeutend ist an dieser Stelle, dass Greta ihrem Gefühl nachgegangen ist und diesem damit Raum gegeben hat.